Mittwoch, 2. Juli 2008

Der erste Blogger

Etwas schreiben und es anschließend als schlecht erkennen ist eine der großen seelischen Tragödien. Und sie ist besonders groß, wenn man einsehen muß, daß dieses Werk das bestmögliche ist. Doch wenn man sich an ein Werk macht, im voraus wissend, daß es fehlerhaft und verfehlt sein wird, und beim Schreiben selbst sieht, daß dem auch so ist, so stellt dies den Gipfel geistiger Qual und Erniedrigung dar. Ich empfinde nicht nur die Verse, die ich augenblicklich schreibe, als nicht zufriedenstellend, sondern ich weiß auch, daß meine künftigen Verse mich ebensowenig zufriedenstellen werden. Dies verdanke ich einem philosophischen wie körperlichem Wissen, einer dunklen, gladiolengeschmückten Einsicht.

Warum also schreibe ich? Weil ich, der Prediger des Verzichts, noch nicht gelernt habe, ihn voll und ganz zu üben. Ich habe noch nicht gelernt, meiner Neigung zu Vers und Prosa zu entsagen. Ich muß schreiben, als müßte ich eine Strafe verbüßen. Und meine größte Strafe besteht im Wissen, daß, was immer ich schreibe, nichtig, verfehlt und ungewiß sein wird.

(Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares)


4 Kommentare:

Wolfwendy hat gesagt…

Das will die Kunst doch aber nicht, mit dir Eins sein. Sie fordert und fördert. Zufrieden sein in einer Welt, von der man weiß, dass man schließlich bauen kann, was man sich selbst noch lange nicht erdacht hat? - wer da nicht stur nur im Handwerk sein Verlangen stillt, wird dort nie lang Ruhe finden können. Aber man sollte nicht müde werden und noch mal den Weg abgehen, den man zurückgelegt hat. Dort ist dann ein bisschen verdiente Gemütlichkeit.

Wolfwendy hat gesagt…

nein, nicht "dir" sondern "einem".

AEM hat gesagt…

wow,

eher versehentlich bin ich auf die 'under pressure' version von bowie und gail ann dorsey gestoßen. die kennst du ja bestimmt schon, aber für mich war das ein echtes erlebnis..

viele grüße

Wolfwendy hat gesagt…

Herrlich!