Samstag, 20. Juni 2015

und wenn das altern...


"Und wenn das Altern, das den Halbheiten ein Ende setzt, die in jugendlichen Bohèmezeiten eingesteckten, selbstgewählten und vorläufigen Ablehnungen in ein unwiderrufliches Scheitern verwandelt, bescheiden Schriftsteller niedgriger Herkunft sich leichter mit 'industrieller Literaturproduktion', die aus dem Schreiben eine Tätigkeit macht wie andere auch; sofern die verbittertsten unter ihnen nicht ganz ins Gegenteil verfallen und sich den niedrigsten Verrichtungen politischer Polemik hergeben."
 

(Pierre Bourdieu, Die Regeln der Kunst)

 ps: bei bourdieu stehen 'schriftsteller' nur stellvertretend für die gesamte bagage des intellektuellen feldes. künstler und wissenschaftler sind ausdrücklich mit eingeschlossen...

Sonntag, 8. Februar 2015

die 'mühen der ebene'


MÜLLER [...] Das, worum es bei der Baader-Meinhof-Problematik geht, ist insofern auch für uns [in der DDR, AEM] relevant, als es natürlich sehr viel schwieriger ist, wenn eine Revolution sich nur noch im Alltag vollzieht. Dann wird es, gerade für Intellektuelle, sehr schwer, nicht depressiv zu werden. Ein Intellektueller braucht doch immer ein bißchen Theater, ein bißchen Glanz. Und solange das so ist, geht es. Wenn es dann darum geht, Arbeitsschutzbestimmungen durchzusetzen, was für die meisten Leute viel wichtiger ist als das, was die Intellektuellen so wollen, da wird es dann zu einem Problem für die Intellektuellen, noch bei der Stange zu bleiben.

LAUBE Sie meinen, daß der Intellektuelle auch eine gewisse Theatralisierung der Wirklichkeit braucht?

MÜLLER Es fällt ihm schwer, sich an die Wirklichkeit zu halten und sich nicht zu langweilen. 

(heiner müller, interview 1975)