Sonntag, 30. März 2008

Du

Für Wochen das Letzte, was ich dachte und der erste Eindruck im neuen Licht. Noch immer gibt es Morgen, an denen ich aufwache mit dem dumpfen Schmerz der Gewissheit, dass Du nicht mehr mein bist. In den darauffolgenden Sekunden wird mir klar, dass ich von Dir geträumt habe. Ich erinnere die letzten Fetzen der Worte und spüre das Schwert in meiner Brust als Du sagst, dass Du mit jemand anderem schläfst, in dem Tonfall, der mich verletzen soll und dem es auch gelingt. Blut rinnt über meinen Bauch und ich werde gewahr, dass ein neuer, grauer Tag beginnt, an dem ich hinaus hetzen sollte um zu vergessen.

Freitag, 21. März 2008

Rückblick Dez 07 - Jan 08


Sad Waters


Down the road I look and there runs Mary

Hair of gold and lips like cherries

We go down to the river where the willows weep

Take a naked rot for a lovers’ seat

That rose out of the bitten soil

But bound to the ground by creeping ivy coils

O Mary you have seduced my soul

Forever a hostage of your child’s world


And then I ran my tin-cup heart along

The prison of her ribs

And with a toss of her curls

That little girl goes wading in

Rolling her dress up past her knee

Turning these waters into wine

Then she plaited all the willow vines


Mary in the shallows laughing

Over where the carp dart

Spooked by the new shadows that she cast

Across these sad waters and across my heart


(Nick Cave)

Donnerstag, 20. März 2008

Der Herr der Fliegen

Ich sitze am Schreibtisch und am Fenster rammen sich vergeblich die kleinen (Frucht-)Fliegen ihre Köpfe gegen das Glas, auf dem (unerreichbaren) Weg in die Freiheit, folgend dem verheißungsvollen Tageslicht. Sie sind geboren – vor kurzem erst – in dem Topf mit Blumenerde, der in meinem Wohnzimmer steht. Ihre vielen kleinen Körper und die silbrig-blau glänzenden Flügelchen auf ihren Rücken schimmern, wenn man nah an ihren Topf herantritt und sie anfangen, anscheinend aus nützlichem Instinkt, um ihr Leben zu wuseln, über die kleinen Wurzeln und unter und über der von mir gekauften Pflanzenerde.

Mit der Zeit schwärmen sie langsam aus in die Weiten meiner Wohnung, aber lassen doch die Annahme zurück, dass hier irgendwo etwas verfaulen würde. Dass hier versteckt ein Aas, ein Übel läge, das sie angezogen und ernährt habe, bis jetzt wo sie sich schon gepaart haben und sich vermehrt auf machen in eine neue Umgebung. Wenn ich sie in der Küche antreffe (und wieder einmal einige von ihnen zärtlich-herrschaftlich zerquetscht habe mit meiner richtenden Gottesfaust) verweist mich ihr Anblick in Gedanken zu dem Herd aus dem sie kommen, ein Kübel mit Erde in Mitten meiner Wohnung, die Brutstätte, ihr Hort. Der Ausgangspunkt von Biologie, von Streben, von der Sucht nach dem nächsten Tag, nach Kopulation, nach Nahrung/ Erhaltung, nach „Fortpflanzung“. Irgendwie wirft es ein übles Licht auf mich zurück, dass sie hier entstanden sind, dass der Nährboden hier bereitstand und bereitsteht. Dass sie sich meine Wohnung ausgesucht haben, um Jahr für Jahr, kurz bevor der Frühling einsetzt, hier ihre ersten Gehversuche, ihre kurzen Glücks- und Todessprünge zu vollführen und (für die meisten vergeblich) versuchen aus diesem Gefängnis meiner Wände auszubrechen. Na ja, die meisten haben wenigstens gefickt, hier bei mir, im Blumentopf oder an der Wand, an der Tapete klebend. Mein Heim - ein Ort, an dem das Laster eine Chance hat...

Langsam habe ich sie akzeptiert, meine Kleinen. Ich bringe zwar immer noch ein paar von ihnen um, aus Langeweile, oder weil mich doch noch manches Mal der Anhauch eines bürgerlichen Sauberkeitsideales von hinten überfällt und mir ein schlechtes Gewissen einredet, ob der moralischen Verwerflichkeit und Liederlichkeit eines solchen Treibens, doch die Zahl der Opfer hält sich in Grenzen. Die paar zermanschten Seelen muss man einem Luzifer wohl eingestehn, Herrn der Fliegen.