Sonntag, 25. Mai 2008

die große kunst


das ist die große kunst: finding somebody who pays you for your resultless thinking.


Rückblick Dez 07 - Jan 08 II


The kitten that padded and purred on my lap
Now swipes at my face with the paw of a bear
I turn the other cheek and you lay into that
O where do we go now but nowhere

(Nick Cave, Where do we go now but nowhere?)


Donnerstag, 22. Mai 2008

1977

um die ganze weite auszuloten und im kontrast: 1977

Leckerli


So, für alle, die sich so tapfer durch den Frühsommer-Text gekämpft haben, gibts heut abend mal wieder ein Leckerli: Mr. David Bowie!!







Wenn man nicht so genau auf die Lyrics hört, könnte man ja fast meinen, der Song wäre etwas zu beschwingt für diese Seite, aber er ist einfach groß. Der alte Mann im Anzug.

Die entscheidenden Zeilen gleich zu anfang:

And you
You can be mean
And I
I'll drink all the time
.

Is there more to say???

Montag, 19. Mai 2008

Frühsommer

Die letzten Wochen, jene Wochen des hereinbrechenden Frühsommers in Berlin, mit ihrem zartweichen Blau, mit ihrer ersten durchdringenden Wärme und dem überraschenden und so zauberhaften Gefühl der Befreiung, lassen mich im Rückblick hier verwundert stehn. Die überwältigende Schönheit dieser Momente verbunden mit der kindlichen Naivität überrascht zu sein, dass es so kommt, dass der Winter irgendwann endet, dass die Sonne wärmt und ein Gefühl der Zufriedenheit produzieren kann, ohne dass etwas weiteres passiert wäre, eben nur dadurch, dass sie strahlt und der Himmel Raum zu haben scheint. Eine ungewohnte Leichtigkeit stellt sich ein, der man sich kaum entziehen kann. Sie überkommt einen unbeschwert und ohne Anstrengung, ohne Nachdenken und Forcieren, sie ist da mit dem Licht und fragt nicht nach, ob sie bestellt worden wäre. Sie bedarf keiner Rechtfertigung.

„The smiles return to their faces“ und man meint kurzzeitig in einer anderen Stadt, in einer anderen Welt zu leben. Die Gesichter hellen auf und eine unangespannte Freundlichkeit breitet sich aus, über die man durchaus stutzig werden könnte. Man wird’s aber nicht, weil man es genießt. Die Röcke werden zum ersten Mal wieder rausgeholt, die Kleider enger, bunter und mit sichtbarem Zug zur Haut. Die Blicke verstoßen sich nicht, halten länger und die junge Dame auf dem Weg schaut gar zurück. Ich gebe zu, ich habe mir den Hals nicht nur vereinzelt verrenkt, die Verblüffung über erahnte weiche Brust, schwingende Bewegungen, gerundete Proportionen und die stilschweigende Zustimmung des Gegenüber war nicht nur verführerisch, sie war zwanghaft!
Und damit sind wir beim Thema: Die alte abgewrackte Menschheitsschau! sie findet in mir statt! sie explodiert in jeder Sekunde in meinem Kopf!! Sie zieht meine Sehnen, sie dreht meinen Kopf, sie hebt meine Stimmung. Die Unfreiheit der Reaktionen ist erniedrigend und das nicht nur bei mir, weil ich meinetwegen ein besonders übles Exemplar dieser Spezies wäre (was natürlich wiederum auch nicht ganz ausgeschlossen werden kann).
Es ist ein bisschen Sonne, ein wenig Freizügigkeit und fehlende Abweisung, die die Welt auf den Kopf stellt, alles verändert im Gleichen und in zwei Wochen verzogen sein wird.

Ich reagiere genau auf die zur Schau gestellten Körperteile, unterbewusst und danach mit einem Geschmacksurteil der ‚Schönheit’, des Außergewöhnlichen, Beeindruckenden, der Ver-/Bewunderung, das gedanklich nachzulegitimieren sucht. Und ich glaube nicht, dass meine Gegenüber in den meisten Fällen bewusster zur Schau stellen als ich erfreut zur Kenntnis nehme, als ich nachblicke und meinen Hundereflex vollführe. Propagation makes the world go round und unsere Zwänge sind wohl eingerichtet: „Brüder über'm Sternenzelt/ Muss ein lieber Vater wohnen“ – ganz bestimmt...

Die Frage ist nur, muss es für mich ein Problem darstellen, ein sabbernder Hund zu sein? Muss ich darunter leiden zu erkennen, dass ich unfrei bin und andere, tiefere Gewalten an meinen Strippen ziehen? Muss ich mich schämen, ein Teil der unten von Brinkmann beschriebenen, hässlichen Schau zu sein und nicht auszubrechen, nicht ausbrechen zu können? Nicht das ganze System oder mich selbst hochzujagen, weil gerade diese tiefen Impulse der Selbsterhaltung davon abhalten (vielleicht um im nächsten Sommer wieder für zwei Wochen einmal im Jahr zwanglos präsentierte Brustsilhouetten sehen zu können??).
Das einzige konsequente Verhalten gegen diese Zwänge, das völlige Verwehren der kreatürlichen Impulse, wie es bei den Einsiedlern und Gläubigen, den Fundamentalisten und Irren auftritt, könnte selbst wieder eine körperliche Disposition sein. Aus biologistischer Sicht natürlich eine fehlgeschlagene (Biologismus hat einen deutlichen Zug zum politisch Inkorrekten), da sie Fortpflanzung verhindert, aber ein Masochismus des Glaubens an bestimmte Werte/ Ideale ist mir durchaus in einer Erklärung des hormonell gesteuerten Gefallens denkbar.

Ist es ein falsches Menschenbild, dass ich trage und das mir in der Konfrontation mit der von mir so wahrgenommenen ‚Realität’ Schmerzen bereitet und den Gedanken an Ungenügen und Überdruss aufkommen lässt? An Ekel? Ein Glauben an längst widerlegte Bestimmungen und Fähigkeiten dieses Wesens Mensch? Und an seinen Abklatsch Ich?

Ich weiß es nicht, aber mir scheint, die innere Rebellion, zumindest das Aufzeigen, dass man diese Strukturen zur Kenntnis genommen hat, dass man sie nicht akzeptiert, auch wenn man ihnen ausgeliefert ist, als eine halbwegs ‚würdige’, angebrachte Verhaltensweise. Sie ändert nichts, sie hebt auch nicht das Selbstwertgefühl, aber sie scheint eine Variante, ein Aufschieben, ein Zeitgewinn für einen (manchmal) denkenden Menschen.

„Die einzige eines höheren Menschen würdige Einstellung ist das beharrliche Festhalten an einer Tätigkeit, die er als nutzlos erkennt, das Unterwerfen unter eine Disziplin, von der er weiß, daß sie fruchtlos ist, und das rigorose Anwenden philosophischer und metaphysischer Denknormen, deren Bedeutungslosigkeit er erkannt hat“.

(Fernando Pessoa)

GESTERN HABE ICH ANGEFANGEN ...


GESTERN HABE ICH ANGEFANGEN

Dich zu töten mein Herz
Jetzt liebe ich
Deinen Leichnam
Wenn ich tot bin
Wird mein Staub nach dir schrein

(Heiner Müller)

ich bin schon lange damit beschäftigt, dich zu töten, aber es mag und mag nicht gelingen. das herz ist ein geräumiger friedhof, wie müller sagt, aber die verwesenden wandeln umher und spucken mir ins gesicht. wer lässt sich schon gern zu grabe tragen und gar ohne aufstand? meine toten wollen sich nicht ergeben und einen gewissen stolz darüber und auf sie selbst kann ich nicht verhehlen. leben ist kampf und warum sollte der tod eine ausnahme darstellen? der kampf mit den toten, den abwesenden, den in deinen gehirnwindungen nicht schnell genug zerfallenden und denen, die aus deinem blut nicht wegzudenken sind. du bist eine ansammlung aus gestern, die sich in deinen zellen manifestiert und dir die immer wiederkehrenden zirkel vorschreibt, jeweils aufs neue begangen in der illusionären hoffnung einer (er)lösung.


Sonntag, 18. Mai 2008

Lisboa















Montag, 5. Mai 2008

Pessoa II


"Ich kultiviere meinen Haß auf das Handeln wie eine Treibhauspflanze. Ich stimme nicht überein mit dem Leben und bin stolz darauf."

(Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares)


Die weiße Stadt

Donnerstag, 1. Mai 2008

"DIE ALTE, ABGEWRAKTE MENSCHHEITSSCHAU!"


Und nach diesen Stunden vor und zwischen Hüpfburgen, Lollis, Bobcars, fröhlichen oder leicht entnervten Muttis, stolzen Vätern, die aber auch gern mal als Packesel und Zahlmaschine missbraucht wurden, nach dem erhebenden Blick von strahlenden Kinderaugen, ebenso wie kreischenden Krokodilstränen, über heruntergefallene, pinke Erdbeereiskugeln oder die Missgunst und das ausschließende Verhalten der Geschwister und ersten Spielkameraden, nach Abfertigung im Spargelkanal mit Wireless-Bestellung der Serviererin direkt vom Eßtisch aus und den Buden mit Wurzelpeter und Beelitzer Spargel, aus Holz und Bast gefertigten Entenimitaten und blau erblühenden Teich- und Seerosen, kann ich es mir nicht verkneifen, ein weiteres Zitat aus der zerrissenen Psychologie Rolf Dieter Brinkmanns hinterher zu schicken:

Mittwoch, 3. November 1971 schlafen gegangen (Bett wieder umgestellt in mein Zimmer vorne)/ lebe ein recht unabhängiges Leben von M. und R./ Zustand: Fühle mich vom Kopf aus körperlich gejagt!! / (UND das ist die Formel!): da anfangen!!)/ Modderleben? Mal sehen, Die großrednerischen Jungs cum Ästheten haben keinen blassen Schimmer!/ Oft dacht ich: ich bin der letzte Mensch/ und ich war der letzte Mensch, wenn ich nachts so rumwanderte durch diese dumpfen Straßenkanäle, das elektrische Versuchslabyrinth, wo man von allen Seiten fertiggemacht wird, so daß man weniger war alsn Stück Scheiße/ und dann mein Haß gegen die von allen Seiten auf mich einstürmenden miesen Eindrücke, die mir beibringen wollten, daß Leben keine Bedeutung habe/ und der Schock, als ich zu begreifen anfing, daß jede Sekunde Geld die beherrschende Rolle spielte, daß es nichts gab, hinter dem nicht Geld auf irgendene Weise steht//: und mit Geld das soziale Rangverhalten genauso wie bei der Hackordnung der Hühner, also dieses Tierleben, ich sah das, selbst wenn sichn Intellektueller als Intellektueller aufspielte, kotzt mich an!!/ diese ständige Beweisführung der Personen, seis mit Geld, mit Kleidung, mit Aussehen, mit Geist, mit Büchern, die jemand veröffentlichte, oder mit dem Wagen, den er fuhr, seis mit der Frau, die er fickte, überall spielte diese tierhafte Hackordnung mit, und überall dieses anstrengende Sich-Aufspielen vor Fotzen, und die Fotzen arbeiteten aus einem enorm tiefen, tödlich sicheren Instinkt heraus, selbst wenn sie das im einzelnen nicht wahrhaben wollten und wollen, sie zogen die Fäden, nach denen man die Glieder bewegte, die Schritte lenkte, Grimassen schnitt, nämlich sie erhalten die Art und arbeiten mit diesem Art-Erhaltungsinstinkt auf allen Ebenen, zugleich gekoppelt mit diesem Rangordnungsdrang, denn je höher [man] tierhaft im Rang steht, desto besser und sicherer und angenehmer das Geschäft der Arterhaltung und umso leichter, und daß wurde weiter und weiter fortgesetzt durch die Industrie, die genau diese Ebenen aktivierte und aktiviert, permanent, und so wurde diese Gegend mehr und mehr zu[m] kotzen und verwüsteter/: DAS IST, WAS LÄUFT: DIE ALTE, ABGEWRAKTE MENSCHHEITSSCHAU!/ und ich bin darin bislang wie ein naiver Idiot herumgetappt und habe geredet, immer von diesem Anderen geredet, daß erst danach beginnt und war immer entsetzt von diesem Scheiß-Dasein auf der Tierebene//: JETZT kann ich das zu[m] ersten Mal etwas sehen!: und ich kann mich selber in meiner Art sehen, in meinem Ziel, meiner Bewegung, hat 30 Jahre und viel Zerstörung gedauert!!//“



"Well it's Father's Day and everybody's wounded"


nach einem nachmittag auf dem gnadenlos fröhlichen spargel- und erlebnishof klaistow hilft nur eines:

a tribute to leonard cohen

enjoy!





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