Sonntag, 8. Februar 2015

die 'mühen der ebene'


MÜLLER [...] Das, worum es bei der Baader-Meinhof-Problematik geht, ist insofern auch für uns [in der DDR, AEM] relevant, als es natürlich sehr viel schwieriger ist, wenn eine Revolution sich nur noch im Alltag vollzieht. Dann wird es, gerade für Intellektuelle, sehr schwer, nicht depressiv zu werden. Ein Intellektueller braucht doch immer ein bißchen Theater, ein bißchen Glanz. Und solange das so ist, geht es. Wenn es dann darum geht, Arbeitsschutzbestimmungen durchzusetzen, was für die meisten Leute viel wichtiger ist als das, was die Intellektuellen so wollen, da wird es dann zu einem Problem für die Intellektuellen, noch bei der Stange zu bleiben.

LAUBE Sie meinen, daß der Intellektuelle auch eine gewisse Theatralisierung der Wirklichkeit braucht?

MÜLLER Es fällt ihm schwer, sich an die Wirklichkeit zu halten und sich nicht zu langweilen. 

(heiner müller, interview 1975)

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