Mittwoch, 31. Dezember 2008

Omar Khayyam


meine pessoa-lektüre werde ich bis auf weiteres einstellen. es fehlen zwar noch einige wenige der knapp 530 seiten, doch es ist nicht mehr die rechte zeit. vielleicht kommt sie einmal wieder... schließen möchte ich dieses kapitel und gleichzeitig das jahr 2008 mit pessoas gedanken zu dem persischen weisen, mathematiker, astrologen und dichter, omar khayyam:

"Der Lebensüberdruß Khayyams ist nicht der Überdruß eines Menschen, der nicht recht weiß, was tun, da er in der Tat nichts tun kann oder zu tun versteht. Dies ist der Überdruß von Totgeborenen, die sich verständlicherweise Morphium und Kokain zuwenden. Der Überdruß des persischen Weisen ist tiefgründiger und edler. Es ist der Überdruß von jemandem, der klar dachte und sah, daß alles dunkel war; der alle Religionen und alle Philosophien überdachte und dann wie Salomon sprach: 'Und ich sah, daß alles Eitelkeit und Anfechtung des Geistes war...', oder mit den Worten eines anderen Herrschers, Kaiser Septimius Severus, als er der Macht und der Welt Lebewohl sagte: 'Omnia fui, nihil [expedit] ...' - 'Ich bin alles gewesen; nichts lohnt die Mühe.'

[...]

Die praktische Philosophie Khayyams beläuft sich mithin auf ein sanftes Epikureertum, in dem nur noch vage der Wunsch nach Vergnügen durchscheint. Es genügt ihm, Rosen zu betrachten und Wein zu trinken. Eine leichte Brise, ein Gespräch ohne Absicht noch Plan, ein Krug Wein, Blumen, darin und in nichts sonst gipfelt der höchste Wunsch des persischen Weisen. Die Liebe erregt und ermüdet, das Handeln verzettelt und geht fehl, niemand gelangt zum Wissen, und das Denken färbt alles trüb. Daher lassen wir besser ab vom Wünschen und Hoffen, vom müßigen Ehrgeiz, die Welt erklären, und dem törichten Vorhaben, sie verbessern oder regieren zu wollen. Alles ist nichts oder, wie es in der Griechischen Anthologie heißt: 'Alles rührt von der Unvernunft', dies sagt ein Grieche und somit ein rationaler Geist."

(Pessoa, Das Buch der Unruhe)

ganz in diesem sinne: auf ein neues!!

Montag, 29. Dezember 2008

Geld


lauschen wir zu diesem thema einmal den ausführungen dr. waldheims, der zu dem suchenden, leicht todessehnsüchtigen mihály bezüglich eines eventuell ehrenrührigen händels spricht:

"'Ich weiß nicht, worum es geht, aber ich bin überzeugt, daß du dich aus Blödheit zierst', sagte Waldheim mit großem Schwung. 'Du bist immer noch der brave Sohn deines in Ehren ergrauten Vaters, immer noch ein Spießbürger. Wenn einem jemand Geld geben will, muß man es annehmen, darin sind sich alle Autoritäten der Religionsgeschichte einig. Du aber hast noch immer nicht gelernt, daß das Geld ... daß es einfach nicht zählt. Es zählt dort nicht, wo die wesentlichen Dinge zählen. Geld braucht es immer, und wenn man sich nicht darum kümmert, gibt es auch immer welches. Wieviel und woher und wie lange, das ist völlig belanglos. So wie alles belanglos ist, was mit dem Geld zusammenhängt. Für Geld bekommt man nichts, das wichtig ist. Was man für Geld bekommt, ist vielleicht lebensnotwendig, aber nicht wichtig.
Die Dinge, für die es sich wirklich zu leben lohnt, kosten nie etwas. Es kostet dich keinen Kreuzer, daß dein Geist das großartig Vielgestaltige, die Wissenschaft, aufzunehmen vermag. Es kostet dich auch keinen Kreuzer, daß du in Italien bist, daß über dir der italienische Himmel ist, daß du durch italienische Straßen gehen und im Schatten italienischer Bäume sitzen darfst und daß abends die Sonne italienisch untergeht. Es kostet dich keinen Kreuzer, wenn du einer Frau gefällst und sie mit dir ins Bett geht. Es kostet dich keinen Kreuzer, hin und wieder glücklich zu sein. Geld kostet nur das, was darum herum ist, um das Glück herum, all die dummen, langweiligen Requisiten. Es kostet kein Geld, in Italien zu sein, aber es kostet etwas, hierherzureisen und ein Dach über dem Kopf zu haben. Es kostet kein Geld, daß die Frau deine Geliebte ist, sondern nur, daß sie zuweilen essen und trinken und sich anziehen muß, damit sie sich wieder ausziehen kann. Doch die Spießbürger leben schon seit eh und je davon, daß sie sich und die anderen mit Dingen eindecken, die Geld kosten, und so haben sie die Dinge vergessen, die umsonst sind. Sie halten nur das für wesentlich, was viel kostet. Der reinste Wahn. Nein, Mihály, das Geld darf man nicht zur Kenntnis nehmen. Man muß es akzeptieren wie die Luft, die man atmet. Von der will man ja auch nicht wissen, woher sie kommt, solange sie nicht stinkt."
(Antal Szerb, Reise im Mondlicht)

tja, ob dem wohl so ist??

der dem weiblichen geschlecht äußerst zugetane und für sein fach mit inbrunst entflammte religionswissenschaftler waldheim wird von mihály an anderer stelle des romans tiefergehnd charakterisiert. vielleicht ist diese darstellung auch für die geld-frage nicht unerheblich:

"Ein Mensch [Waldheim], dem das Unmögliche gelungen ist, dachte er [Mihály] neidisch, während sich Waldheim mit Rohschinken vollstopfte und Erklärungen gab. Ein Mensch, dem es gelungen ist, sich in der ihm entsprechenden Lebensphase zu fixieren. Denn ganz sicher hat jeder Mensch eine nur ihm entsprechende Lebensphase. Es gibt solche, die ihr Leben lang Kinder bleiben, und solche, die ihr ganzes Leben linkisch, unbeholfen, fehl am Platze sind, bis sie sich als schöne, weise Greisinnen und Greise wiederfinden, endlich zu Hause in ihrem Moment. Bei Waldheim war es das Wunderbare, daß er in der Seele ein Student bleiben konnte, ohne auf die Welt, den Erfolg, das Geistesleben verzichten zu müssen. Er hatte eine Bahn eingeschlagen, auf der seelische Rückständigkeit nicht auffällt, ja sogar förderlich ist, und von der Wirklichkeit nahm er nur so viel zur Kenntnis, wie es mit seiner Fixierung vereinbar war. Das ließ sich sehen! Wenn es Mihály auch so hätte einrichten können..."


Mittwoch, 10. Dezember 2008

Und?

Und?

Deine gedanken? auf dem nassschwarzen asphalt

Vor shakespeare’s pub??

Seneca soll einen grashalm gesehen haben, fern

Und die weiten einer heimatlandschaft bei

Cordoba.


Alles altersschwache romantik!

Du wirst die schläuche wahrgenommen haben

Aufregung und den eintritt der kanüle als sie die elektroden anheizen

Gnadenlos registriert, wie immer, dass sie deinen schweren und schwülstigen körper

Aufgebockt hatten, um ihn auf die trage zu hiefen

Schnaufend und stickend die professionellen helfer nach 18 stunden

Tag

Scheinwerfer und blaulicht gebrochen in dreckigen regenpfützen und ein film

Aus blut und speichel über deinem gesicht, deinen dicken braunen augen.

Das lidflickern und die medikamente haben dich nicht abgehalten

Unterbewusst auch hier noch zu beobachten, wie

Sich das leben windet. möglicherweise

Nur ganz zuletzt ein lächeln nach innen und gegen die welt:

Ihr könnt mich mal, ihr wichser,

Ich bin

Raus!